Fußball WM 2018: Wie ihr dabei nicht ins berufliche Abseits geratet

Vom 14. Juni bis 15. Juli wird Fan-Herzen wieder Einiges abverlangt, wenn in Russland 32 Teams um den nächsten WM-Titel kämpfen und das teilweise schon am Nachmittag oder frühen Abend. Für alle Fußball-Fans, die in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis stehen, ist das eine bittere Pille. Was also tun? Einfach mal die Arbeit oder Ausbildung sausen lassen? Oder vielleicht – Internet macht´s möglich – das Spiel ganz praktisch über Livestream am Computer bei der Arbeit verfolgen? Beides keine gute Idee! Jedenfalls, wenn der Arbeitgeber dem nicht zugestimmt hat. Denn im Grundsatz muss man bedenken, dass selbstverständlich auch während der WM die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen weiter gelten.

Das verdeutlicht ein Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.08.2017 (Az.: 20 Ca 7940/16).

Was war passiert?

Ein Arbeitnehmer – der spätere Kläger in diesem Fall – nahm zunächst seine Arbeit in der Spätschicht auf und stellte die von ihm bedienten Maschinen an. Kurz darauf wurde er von einem Kollegen gerufen, der auf seinem Arbeits-PC über einen Livestream ein Fußballspiel verfolgte. Der Kläger setzte sich zu seinem Kollegen und schaute mit diesem das Fußballspiel an – für einen nachweislichen Zeitraum von 30 Sekunden bis maximal zwei Minuten. Dafür wurde er von seinem Arbeitgeber abgemahnt, was der Arbeitnehmer für unberechtigt hielt.

Was sagen die Richter?

Die Abmahnung erfolgte zu Recht.

Die Richter meinten, der Kläger habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, indem er nicht seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung erbracht, sondern ein Fußballspiel auf einem dienstlichen Computerbildschirm angesehen habe. Das Anschauen eines Fußballspiels an einem dienstlichen Computer über einen Livestream eines Bezahlsenders während der Arbeitszeit sei vergleichbar mit einer Pflichtverletzung durch private Internetnutzung während der Arbeitszeit. Hierbei verletze der Arbeitnehmer grundsätzlich seine Hauptleistungspflicht zur Arbeit.

Die Moral von der Geschicht:

Auch im Fußballfieber bleibt die Arbeit Pflicht….

Welche Abseitsfallen lauern sonst noch?

  • Erscheint der Arbeitnehmer unberechtigt nicht zur Arbeit oder verlässt er diese vorzeitig, um ein Spiel zu sehen, kann der Arbeitgeber berechtigt sein, eine Abmahnung bzw. in schweren oder wiederholten Fällen gar eine Kündigung auszusprechen.
  • Wer nach einem Spieltag verschläft und deshalb zu spät oder gar nicht zur Arbeit erscheint, begeht eine Vertragspflichtverletzung, die eine Abmahnung oder gar Kündigung rechtfertigen kann.
  • Erscheint der Arbeitnehmer trotz bestehendem Alkoholverbot im Betrieb alkoholisiert zur Arbeit, kann der Arbeitgeber berechtigt sein, die Arbeitsleistung abzulehnen, jedenfalls dann, wenn die Gefahr besteht, dass der alkoholisierte Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit sich selbst oder Dritte verletzt oder Eigentum des Arbeitgebers beschädigt. Dann hat der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf Arbeitsvergütung. Zudem riskiert er auch in diesem Fall eine Abmahnung bzw. eine Kündigung.
  • Kommt es wegen der Spiele zu Streitigkeiten oder gar Tätlichkeiten zwischen Arbeitnehmern im Betrieb, kann sogar eine außerordentliche und fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.

Grundsätzlich gilt all das entsprechend auch im Ausbildungsverhältnis. Auch der Auszubildende verletzt seine Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis, wenn er sich beispielsweise wiederholt nicht an die Ausbildungszeiten hält oder unentschuldigt fehlt. Er riskiert damit mindestens eine Abmahnung. Für eine fristlose Kündigung müssten die Pflichtverletzungen allerdings schon von einigem Gewicht sein. Und auch hier gilt: Einer fristlosen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses müssen im Regelfall eine oder mehrere Abmahnungen vorausgehen.

Wie kommt ihr doch noch zum Fußballvergnügen?

Im Zweifel lohnt es sich, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen und klare Absprachen zu treffen, was erlaubt ist. Dafür ist in erster Linie Euer Betriebsrat zuständig. Er kann versuchen, mit dem Arbeitgeber Sonderregelungen während der WM zu vereinbaren, die zumindest die „wichtigen“ Spiele unter deutscher Beteiligung berücksichtigen, z. B.:

  • Erlaubnis, diese Spiele zumindest im Radio während der Arbeitszeit mithören zu können.
  • Großzügige Flexibilisierung der Arbeitszeit, um Fans die Gelegenheit zu geben, Spiele zu verfolgen. Die ausgefallene Arbeitszeit ist dann später nachzuholen.

Bei manchen Spielen reicht vielleicht bereits die Ausnutzung bestehender Gleitzeitregelungen, um rechtzeitig zum Anpfiff vor dem Bildschirm sitzen zu können. Eine weitere Alternative könnte sein, in Abstimmung mit dem Vorgesetzten Überstunden abzubauen oder mit einem Kollegen die Schicht zu tauschen.

Für diejenigen, die ganz entspannt alle 64 Spiele der WM verfolgen wollen, bleibt die Möglichkeit, Urlaub zu beantragen. Urlaubswünsche des Arbeitnehmers, etwa um ein Spiel sehen oder besuchen zu können, sind vom Arbeitgeber wohlwollend dahingehend zu prüfen, ob die Urlaubsgewährung betrieblich möglich ist. „Fußballinteressen“ haben aber nicht generell ein höheres Gewicht als die Interessen anderer Mitarbeiter auf Erholung. Zudem ist der Urlaubsantrag rechtzeitig, also so früh wie möglich zu stellen.

Fazit: Nur gut, dass das Finale an einem Sonntag stattfindet! Damit dürften sich die Probleme für die meisten jugendlichen Arbeitnehmer und Azubis zumindest am Finaltag nicht stellen.