Verlängerte Probezeit für Azubis – ist das möglich?

Für jeden Beschäftigten ist die Probezeit von besonderer Bedeutung. Innerhalb dieser Zeitspanne kann das Arbeitsverhältnis nämlich ohne Einhaltung einer Frist von beiden Seiten gekündigt werden. Beide Seiten – also Arbeitgeber und Arbeitnehmer – sollen so die Möglichkeit erhalten, sich für oder gegen die weitere Zusammenarbeit zu entscheiden.

Die Rechtslage

Auszubildende haben nach dem Berufsbildungsgesetz jedoch eine andere, verkürzte Probezeit von mindestens einen und maximal vier Monaten. Demgegenüber müssen „normale“ Beschäftigte in der Regel mit einer Probezeit von sechs Monaten leben.

Das Problem

Gerade zu Beginn der Ausbildung, in einem völlig neuen Arbeitsumfeld, sind vier Monate eine relativ kurze Zeit, die von Ausbildern und Azubis aktiv genutzt werden muss.

Probleme gibt es immer dann, wenn der Auszubildende während der Probezeit wegen längerer Krankheit fehlt. Das erschwert es dem Unternehmen, sich ein klares Bild zu machen. Oft wollen die Ausbildungsbetriebe kein Risiko eingehen und sprechen daher kurz vor Ablauf der viermonatigen Probezeit lieber eine Kündigung aus – sicherheitshalber. Denn eine Kündigung nach Ablauf der Probezeit ist nur noch unter sehr erschwerten Bedingungen möglich. So kann es passieren, dass der Auszubildende seinen Ausbildungsplatz verliert, obwohl er qualifiziert ist und für seine Erkrankung nichts kann. Abgebrochene Ausbildungsverhältnisse führen zudem auch für die Betriebe zu einem unnötigen Zeitverlust und erheblichen Kosten.

Einige Unternehmen versuchen dieses Dilemma zu umgehen, indem sie im Ausbildungsvertrag eine Verlängerung der Probezeit bei Fehlzeiten vorsehen. Dem Grunde nach nicht zu beanstanden, wie es jetzt höchstrichterlich festgestellt wurde.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Probezeit der Azubis im Sonderfall verlängert werden kann. Allerdings ist eine solche Klausel nur zulässig, wenn die Ausbildung für einen erheblichen Zeitraum (z. B. ein Drittel der Probezeit) unterbrochen war. Nicht jeder Fehltag kann also zur Verlängerung der Probezeit führen. Vor dem Hintergrund, dass laut Berufsbildungsbericht 2016 der Bundesregierung, ca. jedes vierte Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet wurde, ist das ein gutes Signal.

Fazit

Wird die Probezeit wegen erheblicher Fehlzeiten des Auszubildenden verlängert, besteht auch nach Ablauf der verlängerten Frist die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis zeitnah zu beenden. Wichtig ist zudem, dass der Betriebsrat bei jeder Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses hinzugezogen werden muss. Geschieht dies nicht, ist die Kündigung unwirksam. Der Auszubildende kann dann auf Fortführung der Ausbildung klagen.

Tipp: Erscheint deinem Betrieb die Probezeit von vorneherein zu kurz, kann ein Praktikum im Vorfeld für beide Seiten eine gute Alternative sein. Dies wird auf die Probezeit nicht angerechnet und sowohl Azubi als auch Ausbilder haben eine längere Kennenlernphase.